Gründe
für die militärischen Erfolge der Römer: Tapferkeit der Soldaten,
numerische Stärke, wirtschaftliches Potential des Reiches, strategische Fähigkeiten
einzelner Heerführer, Zähigkeit und Beharrlichkeit des Siegwillens einer
militärisch begabten Führerschicht, Aufgeschlossenheit für die Erfolge der
Gegner (Hannibal, Kesseltaktik) und konsequente Aneignung ihrer Vorzüge (vor
allem in der Bewaffnung und Strategie), vollendetes Zusammenspiel zwischen
zweckmäßiger Bewaffnung und der ihr entsprechenden Kampfweise (Ausbildung
der Soldaten zu Einzelkämpfern und Eingliederung der Einzelkämpfer in einen
aufgelockerten Kampfverband), der durch ständige und zweckmäßige Übung
erreichte hohe Ausbildungsgrad (exercitus von exercere), die Lagertechnik, die
planvolle Organisation des Nachschubes und die Festigkeit des inneren Gefüges
der Truppe.
Jeder
römische Bürger (viele Bauern) war anfangs zu Kriegsdienst verpflichtet
(hier wurden die Bauerntugenden umgesetzt: labor, constantia, modestia, virtus,
pietas, etc.)
Die
eigene Existenz war mit der des Staates eng verbunden. Begeisterung für den
Kriegsdienst war bei den Bauern selten vorhanden (Rückschläge in der
Landwirtschaft). Besonders bei Kriegen in den Provinzen war es nicht leicht,
die Soldaten von der Notwendigkeit des Krieges zu überzeugen ("bella
iusta"). Die Folge war: Schlamperei, häufig auch Amateurstrategen
(Cicero, Sallust), Disziplinschwierigkeiten. Als Gegenmittel wurden
Berufsheerführer eingesetzt.
keine
Zwangsrekrutierung mehr, sondern Werbung - Berufsheer (dem Feldherrn
verpflichtet, cf. Folgen in den Bürgerkriegen).
In
der Kaiserzeit wird aus den
Berufsheeren das Söldnerheer ("Ausländer" kämpfen gegen Bezahlung
für Rom) .
Augustus
führt eine geregelte Dienstzeit ein (20 - 25 Jahre Dienst, dann Ansiedlung in
den Kolonien). Trotzdem dienen noch hauptsächlich Römer und Italiker. Erst
später schwindet das römisch-italische Element.
2.
Jh. n. Chr.: Kelten, Germanen, Daker, Thraker, Asiaten, Afrikaner, etc. dienen
in den römischen Heeren. Römer finden sich nur noch in den höheren
Positionen. Diese "Ausländer" bekamen nach Leistung ihrer
Dienstzeit das römische Bürgerrecht.
Das
römische Heer hatte nicht nur die Aufgabe, Kriege zu führen, sondern wurde
auch für friedliche Zwecke genützt (Straßenbau, ...); später hatten viele
Soldaten sogar ihre eigene Landwirtschaft und wohnten teilweise bei ihren
Familien (anfangs war es verboten, verheiratet zu sein) - Carnuntum.
Der
Aufbau des römischen Heeres zur Zeit Caesars geht zurück auf die
Heeresreform durch MARIUS anläßlich des Cimbern- und Teutonenkrieges.
Dadurch wurde immer stärker der Übergang zum Berufs- und zum Söldnerheer
angebahnt und vor allem eine einheitliche Bewaffnung und Ausbildung
geschaffen.
A)
WEHRPFLICHT, DIENSTZEIT, AUSHEBUNG, ERGÄNZUNG, GEBÜHREN
Das
römische Heer beruht auf einer allgemeinen Wehrpflicht; sie umfaßt alle römischen
Bürger vom 17. Bis zum 46. Lebensjahr; die Aushebung (dilectus - Auswahl,
wohl nach Tauglichkeit) geschah nach Bedarf, worauf die Vereidigung der
Angeworbenen folgte (sacramento rogare). Die Rekruten (tirones) werden
entweder als Ersatz für Lücken infolge von Verlusten oder Verabschiedungen
unter die Legionen aufgeteilt (supplementum) oder zu neuen Einheiten
zusammengestellt.
Der
Fahneneid bindet für die Gesamtdienstzeit von 20 Jahren als Legionär, von 25
Jahren bei den Hilfstruppen.
Die
Belohnung des Soldaten besteht:
1.)
in Löhnung: jährlich 150 Denare (etwa 200 Schilling: Umrechnung aus dem Jahr
1937 !!), dazu gelegentlich Belohnungen und Beuteanteil.
2.)
in voller Verpflegung, sicher reichlich, stark auf fleischlose Kost
eingestellt.
3.)
in Bewaffnung und Ausrüstung: zeitweise scheint hier ein eigenes Handgeld
eingeführt gewesen zu sein, von dem der Soldat seine Waffen nachschaffen
mußte.
4.)
in Begünstigungen nach ehrenvollem Abschied (missio honesta); z.B.
Abfertigung in Geld, Landzuweisung.
Außer
den regulären Truppensoldaten gibt es freiwillig weiter Dienende (evocati),
die zu Spezialdiensten, wie in der Leibwache des Feldherrn (cohors praetoria),
zum Melde und Ordonnanzdienst u.ä. mit erhöhtem Sold und Befreiung von
schwerer Arbeit herangezogen wurden.
Es
gibt nur zwei Hauptwaffengattungen: FUSSVOLK und REITEREI.
Das
Fussvolk gliedert sich in:
1.)
Legionen, Kerntruppe, nur römische Bürger, einheitlich ausgerüstet, schwer
bewaffnet;
2.)
Hilfstruppen, Aufgeboten aus Vasallen und Bundesgenossen mit landesüblichen
Waffen; darunter Spezialtruppen,
wie Schleuderer (funditores) und Bogenschützen (sagittarii).
Die
Reiter sind immer Nichtrömer und sind in Schwadronen (turmae) zu etwa 30 Mann
gegliedert; diese wieder in decuriae (Züge). Caesar hat zeitweise einen
Kampfstand von 4000 bis 5000 Reitern, denen als Aufgabe Fernaufklärung,
Deckung, Sicherung, Überfall und Verfolgung zukommen.
Neben
der fremdländischen Reiterei gibt es auch berittene alte Kriegsfreiwillige (evocati) für Melde- und Ordonnanzdienst.
Eigene
technische Truppen
gibt es nicht; all diese Arbeiten machen die Legionäre. Doch werden eigene
technische Offiziere (praefecti fabrum) erwähnt.
C)
Einteilung und Kampfstand der Legion:
Täglicher
Dienst
Exerzieren,
Fechten, Märsche, Wachen, Lagerbau - Beanspruchung bis zur Erschöpfung
Die
Disziplinargewalt lag in den Händen des Heerführers, er hatte das Recht über
Leben und Tod seiner Soldaten. Nach seiner Entscheidung gab es keine Möglichkeit
an das Volk zu appellieren. Den verschiedensten Abschreckmitteln standen
Anspornmethoden gegenüber.
Die
Soldaten waren durch einen Eid an den Kaiser gebunden, der erst nach dessen
Tod erlosch. Daher gab es bei Thronwechsel häufig Schwierigkeiten mit den
Truppen (cf. Tiberius).
Königszeit:
rund
300 Reiter, 30 Zenturien Fußvolk
Republik:
jeder Konsul hat 1 legio (= 3000 Schwerbewaffnete, 1200 Leichtbewaffnete, 300
Reiter, technische Abteilungen, insgesamt etwa 5000 Mann)
später
Steigerung: 1 Konsul - 2 legiones und 2 alae = konsularisches Heer;
4
legiones = rund 20 000 Mann
1 legio,
1 ala = praetorische Legion
die
Bundesgenossen mußten doppelt soviel Reitervolk stellen - auxilia =
Hilfstruppen (nicht römische Bürger, keine Bundesgenossen); seit 88 v. Chr.
Bundesgenossenkrieg --> nur noch legiones und auxilia; in Rom selbst
Spezialtruppen = Praetorianer, Stadttruppen
jährlicher
Unterhalt / Kopf: 200 Denare = 1/10 der Spenden des Augustus = einige Pfennige
in
Deutschland / Kopf: 200 Mark (Berechnung etwa aus dem Jahre 68)
1
Legion = 10 Kohorten = 3600 - 6000 Mann 1
Kohorte = 3 Manipel = 360 - 600 Mann 1
Manipel = 2 Zenturien = 120 - 200 Mann 1
Zenturie = 60 - 120 Mann 1
Legion aufgestellt : etwa 459 m breit, 200 m tief |
Die
ursprüngliche Kampfstärke der Legion war 5 - 6000 Mann, sinkt aber bei
Caesar tw. auf etwa 3500 Mann.
Diese
einheitlichen, mit Nummern
bezeichneten Truppenkörper (bei Caesar V. - XV. ) zerfallen in 10 cohortes
(vom Stamm hortus, d.h. die in einer Lagereinheit Vereinigten), etwa heute
"Bataillon".
Die
Kohorte - gleichzeitig die taktische Einheit - hat drei manipuli, etwa heute
"Kompanie" zu je zwei centuriae oder ordines, etwa heute "Züge".
Als
Feldzeichen führte die Legion einen Adler (der Träger - aquilifer), jeder
Manipel ein "signum", eine mit Zieraten besetzte Lanze (der Träger
- signifer). Diese Feldzeichen dienen der raschen sichtbaren Befehlsübermittlung;
daher z.B.:
signa
ferre - Hochheben = Aufbruch, Antreten
signa
constituere - Niederstellen = Halten
signa
convertere - Wenden = kehrtmachen
signa
conferre - Zusammentragen = Schließen
signa
inferre - Vortragen = Angreifen
Diese
sichtbare Befehlsübermittlung wird ergänzt durch Bläser (bei der Legion mit
der Tuba - Posaune, bei den Manipeln mit dem cornu - Horn).
Oberster
Führer ist der Feldherr (dux), der nach einer siegreichen Schlacht von
den Truppen als "imperator" ausgerufen werden konnte. Der
Senat konnte dann den triumphus, den feierlichen Einzug in Rom, bewilligen.
Gewöhnlich
ist der Feldherr gleichzeitig der Provinzstatthalter, da es keine Trennung von
Zivil- und Militärverwaltung gibt (also proconsul oder propraetor).
Sein
Gehilfe (bes. für Rechnungs- und Verpflegswesen -- etwa
"Intendant") und gegebenenfalls Stellvertreter ist der Quaestor.
Die
legati sind ursprünglich vom Senat bestellte Vertrauensleute zur Überwachung
des Feldherrn, dann (so auch bei Cäsar) von ihm selbst ausgewählte junge
Leute senatorischen Standes als Führer von Truppenkörpern, gewöhnlich
Legionskommandanten.
Die
tribuni militum, je sechs bei einer Legion, aus dem Ritter- oder
Senatorenstand, sind oft Kohortenkommandanten.
Alle
bisher genannten Offiziere bilden zusammen den Kriegsrat (vergleichbar mit dem
Ausdruck "Stabsoffiziere").
Die
centuriones sind aus der Mannschaft hervorgegangene
Berufsunteroffiziere (etwa "Offizierstellvertreter, Wachtmeister");
sie sind nach verschiedenen Rängen unterschieden. Der höchste Grad ist der primipilus
-- centurio primi manipuli.
Daneben
gibt es noch: optio -- Stellvertreter des centurio; decanus -- Führer
von zehn Mann "Schwarmführer"; coactor -- Schlußmann "Flügelcharge".
Die
praefecti equitum sind römische Ritter oder erfahrene Centurionen, die
als Führer der (nichtrömischen) Reiter dienen, wenn nicht Einheimische dazu
verwendet werden.
E.
BEWAFFNUNG, AUSRÜSTUNG UND BEKLEIDUNG:
1.
Angriffswaffen (tela):
A)
pilum -- Fernwaffe, etwa 2m lang, zu Hälfte Holzschaft, bzw. Weicheisen mit
gehärteter Spitze. Reichweite 30m.
B)
Schwert (gladius), 70cm lang, zweischneidig, mit Spitze, für Hieb und
Stoß; rechts getrag.
C)
Dolch (pugio), keine Pflichtwaffe.
2.
Schutzwaffen (arma):
a)
Helm (galea) bei den Legionären; die Reiter haben einen schwereren Helm (cassis),
ganz aus Metall.
b)
Panzer (lorica), entweder aus Metallspangen und -bändern, oder als Schuppen-
oder Kettenpanzer, meist auf Lederunterlage.
c)
Schild (scutum), halbzylindrisch und viereckig, 75cm breit, 1m hoch, Grundlage
Holz, mit Lederbespannung und Metallschienen.
d)
Beinschienen (ocreae) wurden nur von Zenturionen und Offizieren getragen.
Der
große Troß (impedimenta) führt Zelte, Heeresgerät, Kriegsmaschinen,
Waffen- und Verpflegsvorräte, Kassen u. dgl. Mit. Bei ihm sind die scribae
(Kanzleibeamte), medici (Sanität), lixae (Marketender) und Kaufleute
eingeteilt.
a)
Hemd (tunica), kurzärmelig, aus Wolle.
b)
Mantel (sagum), eine Art Pelerine.
c)
Stiefel (caligae), derb genagelte Halbschuhe, oft auch soleae, genagelte Schnürsandalen.
d)
Die Hosen (bracae), aus Leder, nur in Gegenden mit kaltem Klima.
5.
Rangabzeichen und Auszeichnungen:
A)
Offiziere und Zenturionen tragen auf dem Helm drei rote und zwei schwarze
Federn, später auch Roßkämme (iuba, crinis equinus).
B)
Der Feldherr ist durch den Purpurmantel (paludamentum) gekennzeichnet.
C)
Zenturionen führen den Rebstock (vitis).
Als
Auszeichnungen kommen vor:
Halsketten (torques), Armspangen (armillae), Ehrenscheiben (phalerae), an
Gitterriemen über dem Panzer getragen, Ehrenkronen, über den Helm gelegt (coronae,
und zwar: corona civica für Retttung eines römischen Bürgers vom Tode;
corona muralis für den ersten Stürmer einer feindlichen Mauer; corona
navalis für das Erobern eines Schiffes; corona triumphalis (=Lorbeerkranz) für
den triumphierenden Feldherrn).
F.
MARSCH, GEFECHT UND RUHESTELLUNG:
Kampfverbände:
Manipeltaktik
Marsch:
Die Durchschnittsleistung (iter iustum) beträt 20 bis 25km in sechs Stunden.
Daneben im Bedarfsfalle magna itinera (Gewaltmärsche).
Beim
Reisemarsch trägt der Mann selbst sein Gepäck (legiones impeditae), bei
Feindesnähe kommt das Gepäck zum Troß, also gefechtsbereiter Marsch (legiones
expeditae).
Die
Marschsicherung erfolgt mit einer Vorhut (agmen primum) aus Reitern,
Leichtbewaffneten und Aufklärerpatrouillen (exploratores, speculatores), nötigenfalls
mit Flanken- und Rückendeckung (agmen novissimum).
Im
Reisemarsch hat jede Legion ihren Troß hinter sich; bei Feindesnähe sind
etwa zwei Drittel des Heeres voraus, dann folgt der Gesamttroß, zum Schluß
der Rest als Nachhut; knapp vor der Schlacht erfolgt die Vorrückung in
Gefechtsform (acie instructa).
Gefecht:
Meist geht das Heer vom Lager ins Gefecht; das Lager ist Rückendeckung und
Aufbewahrungsplatz für den Troß. Die gewöhnliche Aufstellung ist die in
drei Treffen (acies triplex). Für die Legion:
F R O N T
3 Kohorten (acies secunda)
3 Kohorten (acies tertia)
Die
Aufstellung ist locker, um dem Mann Bewegungsfreiheit zu lassen. Hilfstruppen
und Reiter sind an den Flügeln eingeteilt.
Der
Angriff erfolgt zuerst durch Schleudern der pila (!Weicheisenspitze!) und dann
im Nahkampf mit dem Schwert.
Als
besondere Formen kommen nach Bedarf vor:
1.
Zum Durchbruch der Keil (cuneus),
2.
zur allseitigen Deckung der Kreis (orbis),
3.
das Schilddach (testudo); letzteres besonders gegen Beschießung von oben,
ausgeführt durch An- und Übereinanderhalten der Schilde
Ruhestellung:
Nach jedem Tagesmarsch wird ein Lager geschlagen und je nach Bedarf befestigt.
Es wird möglichst auf einem feindwärts abgedachten Hang in der Nähe von
Wasser, Holz und Futter errichtet. Die Form ist ein dem Gelände angepaßtes
Rechteck mit rechtwinkelig sich schneidenden Längs- und Querstraßen, in
jeder Seite ein Tor (porta), dem Feind zu (porta praetoria), gegenüber (porta
decumana), die Seitentore (portae principales).
Das
Lager wird mit Erdwall und vorgelegtem Graben befestigt, in besonders gefährdetem
Gebiet oder bei längerem Aufenthalt wird auch das Vorfeld mit allerlei
Hindernissen gesichert, z.B. Verhauen, Wolfsgruben, Fußangeln u. ä.
Im
vorderen Teil des Lagers lagern die Kampftruppen (legiones und auxilia), in
der Mitte ist das Feldherrnzelt /praetorium) mit dem Sammelraum, daran
angeschlossen Offiziers- und Kanzleiunterkünfte und hinten die restlichen
auxilia.
Die
Unterkünfte sind Zelte (tabernacula, pelles), in Standlagern Baracken (casae).
Aus Standlagern (castra stativa) entwickeln sich oft Siedlungen.
Gelegentlich
kommen eigene Sicherungsanlagen (castella -- Wachttürme) vor.
Lager:
Siehe
Skizze!!
4
Tore (wichtigstes - praetoria)
praetorium
(Wohnung des Feldherrn)
quaestura
(Wohnung des Unterfeldherrn)
Hiebei
gibt es zwei Formen
1)
Obsessio, Einschließung,
Zernierung, wobei ohne Kampf durch Aushungern die Übergabe erzwungen wird
2)
Oppugnatio, Bestürmung
Hiebei gebraucht man folgende Hilfsmitteel
a) agger, den Damm, zum Heranbringen von Belagerungsmaschinen
b)
pluteus, die Schirmwand, fahr- oder tragbare seitliche Deckungen für Arbeiter
und Kämpfer;
c) vinea, "Weinlaube", die Laufhalle, oben und auch seitlich gedeckt, fahrbar auf Rollen
d) testudo, "Schildkröte", ein schräges fahrbares Pultdach
e)
Belagerungsmaschinen: darunter sind zu erwähnen:
Hölzerne,
bewegliche Türme (turres), mit Wurfmaschinen bewehrt, die entweder Pfeile und Lanzen
im
weiten Flachwurf (scorpio, catapulta)
oder Steine und Balken in Steilbahn (ballistae) warfen. Der Sammelname für diese Geschütze ist tormenta
(von torqueo, weil das Drehen von Spannsehnen die Triebkraft bildet);
ferner
der aries, "Widder", ein
mit einem Eisenkopf beschlagener Sturmbock, an Ketten oder Seilen im unteren
Stock eines Turmes oder einer vinea aufgehängt, zum Stoßen von Breschen;
endlich
werden Leitern (scalae),
Mauersicheln (falces murales) und
Minengänge (cuniculi) erwähnt.
f)
turris (fahrbarer Turm)
g)
scorpio (Armbrustgeschütz, 1 m lange Pfeile
h)
onager (Wurfmaschine bis 800 Meter)
Befestigungsanlage
bei der Belagerung von Alesia: Siehe
Skizze !
1.
stimuli (Fußangeln)
2.
lilia (zugespitzte Baumstümpfe; Reisig)
3.
cippi (5 verkehrte Baumstümpfe)
4.
fossa (Graben mit Wasser)
5.
fossa (Graben ohne Wasser)
6.
cervus (Stacheldrahtverhau, Äste)
7.
pluteus (Brustwehr; mit Fellen bedecktes Flechtwerk)
8.
vallum (agger, Wall)
KATAPULTE
im griechisch-römischen Altertum
Geschichte
Die
ersten Katapulte wurden um 400 v.Chr. in der mächtigen griechischen Stadt
Syracus auf Sizilien erfunden, unter der Herrschaft von Dionysios I. (ca.
430-367 v.Chr.). Zunächst konstruierten die griechischen Techniker eine verhältnismäßig
kleine mechanische Waffe, den gastraphetes,
eine Art Armbrust. Der Gastraphetes bezog seine Kraft aus einem starken
Kompositbogen. Die militärische Wirkung der neuen Waffe während der
Belagerung von Motya (Sizilien) 397 v. Chr. ermutigte die Techniker, die Waffe
zu vergrößern. Sie bauten einen stärkeren Gastraphetes, den nun kein
einzelner Mensch mehr spannen konnte. Daher montierten sie ihn auf eine
Lafette und fügten zum Spannen der schweren Waffe eine Winde hinzu.
Physikalische Gegebenheiten verhinderten dann aber die Vergrößerung der
Waffe über eine gewisse Grenze hinaus. Der Wunsch nach Vergrößerung der
Waffe blieb jedoch bei den Militärs bestehen. So wurden in der Mitte des 4.
Jahrhunderts v. Chr. anstelle der starken Kompositbögen nunmehr
Torsionsfedern zum Antrieb der Waffen eingeführt. Diese bestanden aus
vorgespannten, elastischen Seilbündeln, wobei die Seile aus Roßhaar oder
Tiersehnen gefertigt wurden. Eine solche Torsionsfeder konnte beliebig vergrößert
werden. Man konnte nun sehr große Katapulte bauen. Die neuen Katapulte waren
mit je zwei Torsionsfedern versehen, welche die beiden Arme des Katapults
bewegten. Die zweiarmigen Torsionskatapulte verdrängten bald die alten Waffen
der Gastraphetes-Bauart. Alexander der Große setzte die neuen Waffen bereits
in seinen Feldzügen ein. In der folgenden hellenistischen Epoche besaßen
bald sämtliche Heere der Königreiche und alle mächtigen griechischen
Stadtstaaten große Arsenale von Torsionskatapulten. Inschriften von der
Chalkothek auf der Akropolis von Athen erwähnen um 330 v. Chr. die ersten
dieser Katapulte unter den dort aufbewahrten Waffen. - Im 3. Jahrhundert v.
Chr. wurden die beiden Haupttypen der zweiarmigen Katapulte standardisiert:
einerseits das leichte Pfeilkatapult (euthytonon), andererseits der
schwere Steinwerfer (palintonon).
Diese Waffen konnten nun nach den Standard-Formeln und Baubeschreibungen gebaut
werden, die in den damals entstandenen technischen Schriften niedergelegt
waren. Schwere Waffen dieses Standards wurden bald auch von den neuen Mächten
Karthago und Rom übernommern. - Katapulte hellenistischer Bauart wurden
weiterhin unter Kaiser Augustus eingesetzt, als Vitruv sein Werk de
architectura schrieb. Er widmete diesen Waffen drei Kapitel. - Um 100
n.Chr. haben römische Techniker eine völlig neue Bauart der
Torsionskatapulte entwickelt. Pfeilgeschütze der neuen Bauweise sind auf der
Trajanssäule in Rom dargestellt. Diese Katapulte blieben bis zum Ende der römischen
Antike im Einsatz. Aus der Spätzeit der Antike ist außerdem ein einarmiger
Steinwerfer bekannt, der onager.
Katapulte
in der antiken Kunst
Die antike Kunst hat nur Pfeilkatapulte abgebildet, und auch diese nur selten:
Balustradenrelief vom Athena-Bezirk, Pergamon; 2. Jh. v.Chr. (Berlin,
Pergamonmuseum)
Eros-Gemme; späthellenistisch oder augusteisch (aus der Gemmensammlung des
Tommaso Cades)
Relief vom Armilustrium(?) in Rom; flavisch (jetzt in den Uffizien, Florenz)
Relief auf dem Grabstein des Vedennius, Rom; Ende des 1. Jh. n.Chr. (Rom,
Vatikanische Museen)
Verschiedene Wiedergaben auf den Reliefs der Trajanssäule, Rom.
Von den großen Steinwerfern sind keine Reliefs bekannt.
Technische
Abhandlungen aus der Antike über Katapulte
Seit dem 3. Jh. v.Chr. haben zunächst griechische, später auch römische
Techniker ausführliche Bauanweisungen für Katapulte veröffentlicht. Die
meisten waren mit techn. Zeichnungen versehen. Diese Abhandlungen sind auch
heute für das Verständnis und den Nachbau von Katapulten von grundlegender
Bedeutung. Die wichtigsten sind:
Philon, Belopoiica - Heron, Belopoiica
- Vitruvius, De Architectura
X.10-12 - Pseudo-Heron, Cheiroballistra.
Archäologische
Funde
Der erste als Katapult identifizierte Fund ist in Ampurias (Spanien)
ausgegraben worden; er wurde 1914 von W. Barthel veröffentlicht. Weitere
Funde kamen dann erst seit den siebziger Jahren unseres Jahrhunderts zutage.
Die Fundorte sind über die gesamte antike Welt verstreut:
Gornea und Orsova (Rumänien); Sunion und Ephyra (Griechenland); Cremona
(Italien); Auerberg (Deutschland); Azaila und La Caridad (Spanien); Bath und
Elginhaugh (Großbritannien); Lyon (Frankreich); Pergamon (Türkei); Hatra
(Irak); Pityus (Georgien); Mahdia (Tunesien); Sala und Volubilis (Marokko).
Die neuen Funde haben unsere Kenntnis der Katapulte erheblich vertieft. Sie
werfen auch Licht auf die Entwicklung der antiken Technik.
©
D. Baatz, D-65510 Idstein eMail: d.baatz@t-online.de
Vers.
19. Mai 1999
Wenn
es im republikanischen Rom kein stehendes Heer gab, so erst recht nicht eine
ständig unterhaltene Flotte. Den Römern blieb das Meer lange Zeit verdächtig,
und auch dann, als sie sich gezwungenermaßen aufs Meer hinauswagten,
versuchten sie den Landkampf dorthin zu übertragen. Historische Bedeutung
gewann der Einsatz der Flotte im 1. Punischen Krieg (246 - 241), im Kampf
gegen die Seeräuber (74 - 67) und in den Bürgerkriegen (cf. Actium 31 - Marc
Anton - Augustus). Die stehende Flotte der Kaiserzeit hatte nur
Sicherungsaufgaben.
In
Kämpfen mit Küstenvölkern und besonders zu den Zügen nach Britannien
brauchte Caesar Schiffe. Diese sind von NICHTRÖMERN bedient, mit Rudern und
Segeln bewegt, mit eisernem Rammsporn (rostrum) bewehrt, mit Enterhaken (harpagones)
und Wurfmaschinen ausgerüstet. Die Kampfbemannung bilden Legionäre, die
Schiffskommandanten sind Legionsoffiziere oder Zenturionen.
Kampfweise:
Durch
ein schnelles Vorgehen versuchte man die Riemen des feindlichen Schiffes zu
zersplittern, wobei man die eigenen rasch einzog. Den Rammbock suchte man
durch geschicktes Manövrieren in die Flanke des gegnerischen Schiffes zu
bohren. Am besten aber lag den Römern die Kampftechnik mit den Enterbrücken
(12 m langer Laufsteg, vor einem 8 m hohen Pfahl vorne am Schiff befestigt,
mit einem Eisenhaken versehen).
Ein
spezielles Mittel erfand Agrippa: den harpax. Ein mit einem eisernen Haken und
Tauen versehener Balken wurde mit einer Schleudermaschine auf das feindliche
Schiff geschleudert. Mit Hilfe von Winden wurde dann das Schiff an den Tauen
bis zur Nahkampfnähe herangezogen. Mit langen Sichelstangen versuchte man
auch die Haltetaue der Segel der Gegner zu durchschneiden.
Schifftypen:
Folgende Schiffstypen werden erwähnt
naves
longae - Kriegsschiffe, Kreuzer
naves
onerariae - Fracht- Transportschiffe
navigia
speculatoria - Patrouillen- , Aufklärerboote
naves
actuariae - Ruderkreuzer
naves
constratae - gedeckte Kreuzer
scaphae
- Boote
Kriegsschiffe:
naves longae oder rostratae (1:7, 1:6)
Lastschiffe:
naves onerariae (1:4, 1:3)
benannt
wurden sie nach den Riemenreihen, die sich an jeder Seite übereinander
befanden (5-Reiher, überwiegend 3-Reiher - trieres).
Triere:
36 m lang, 5 m breit, Mast, Quersegel, Deck 2 m über Wasser, 1 m Tiefgang. -
Keine Hochseeschiffe!
Das
größte Kriegsschiff der Antike soll 40 Riemenreihen (!) und ca. 4000 Mann
Besatzung gehabt haben!
In
der Kaiserzeit wurden nur noch Schiffe mit 1 - 3 Riemenreihen gebaut -
liburnae (nach Piraten benannt).
Besatzung:
Fünfreiher:
300 Matrosen, 120 Legionssoldaten
Dreireiher:
170 Matrosen, 80 - 90 Soldaten
Das
Kommando über die Flotte hatten die Führer der Landheere. Zum
Truppentransport wurden requirierte Handelsschifffe, umgebaute Kriegsschiffe
oder eigene für diesen Zweck gebaute Transportschiffe verwendet. Die Römer
haben meist die Flotte nur solange unterhalten, als sie Bedarf hatten, dann
ließ man die Schiffe wieder verfallen.
Plinius
d. Ältere war Flottenkommandant in Misenum
Kriegsschiffahrt
in der Antike - von
Oliver H. Herde
Die
Fortbewegung auf dem Wasser dürfte älter sein als die Menschheit selbst.
Schon die Vormenschen werden Bäume und anderes Material mit Treibfähigkeit
auf dem Wasser beobachtet haben und vermochten sicher ihre Schlüsse daraus zu
ziehen.
Vor kurzem stellte der Verhaltensforscher Desmond Morris in der
Dokumentarreihe "Das Tier Mensch" die Theorie auf, unsere frühesten
Vorfahren seien von den Wäldern nicht direkt in die Steppe umgesiedelt. Sie hätten
eine Weile am Wasser gelebt. Dies belegen nach seiner Ansicht unsere haarlosen
Körper, die Reste von Schwimmhäuten, die phänomenalen Schwimm- und Tauchfähigkeiten
von Säuglingen und anderes mehr.
Selbst, wenn es diesen `Wasseraffen' nicht gegeben hat, werden unsere Ahnen
schon früh Treibgut zur Überquerung von Seen und Flußläufen eingesetzt
haben.
Auf der anderen Seite ist aber auch die Konkurrenz zwischen Sippen und
Individuen älter als unsere Spezies. Das bedeutet Auseinandersetzung und
Kampf. Schon ein Schimpanse kann dabei Waffen zum Drohen oder Werfen nutzen.
So verwundert es nicht, daß die Menschen schon immer ihre Kriege vom Land
auch auf Gewässer hinaus trugen.
Was die Quellen betrifft, so ist man vor allem auf Darstellungen auf Münzen,
Wandbildern, Vasen und Mosaiken angewiesen. Problematisch dabei ist die häufige
Laienschaft der Künstler, die sich meist nicht ausschließlich auf Realismus
und Echtheit konzentrierten, sondern am verfügbaren Platz und dem
Arbeitsmaterial orientieren mußten. Viele Darstellungen richteten sich auch
einfach nach den ästhetischen Ansprüchen des Künstlers oder eines
Auftraggebers. Oder der Künstler gab nur seine Erinnerung wieder.
Oft sind es fehlerhafte Maßstäbe, mit denen der Historiker zu kämpfen hat.
Vasenbilder sind verzerrt, Münzbilder winzig. Die korrekte, perspektivische
Darstellung wurde erst viel später entdeckt. Hinzu kommen Datierungsprobleme
und die mangelhafte Erhaltung vieler Stücke.
Modelle wären grundsätzlich brauchbarer, doch sind nur wenige erhalten. Bei
diesen handelt es sich in den Regel um einstige Grabbeigaben, die in der
abgeschlossenen Gruft konserviert blieben. Andere stammen zumeist aus späterer
Zeit.
Als Primärquellen dienen die Wracks selbst oder deren Teile. Doch liegt es
nicht zuletzt am vorwiegend organischen Baumaterial, daß auch hier nicht viel
erhalten ist.
Schließlich gibt es noch literarische Berichte von in der Regel ebenfalls
Fachfremden Verfassern.
Wasserverkehr
im Zweistromland
Sumerer
und Babylonier besaßen schon früh eine hochentwickelte Schiffahrt mit einer
Vielzahl von Schiffstypen. Es gab sogar Vorschriften über den Geschäftsverkehr
zu Wasser. Allerdings beschränkte sich die mesopotamische Schiffahrt
weitgehend auf die Flüsse Euphrat und Tigris. Hier verwendete man vor allem
Flöße, sowie die sogenannte Guffa, ein kreisrundes, korbähnliches
Paddelboot. Letzteres blieb übrigens bis ins 19. Jahrhundert gebräuchlich.
Regelrechte Seefahrten wurden kaum unternommen. Deshalb ist hier auch von
keinen Seeschlachten zu berichten.
Schiffahrt
im Land am Nil
Ein
wesentliches Charakteristikum der frühesten ägyptischen Wasserfahrzeuge
ergibt sich aus dem Mangel an geeigneten Hölzern. So wird es hier kein umgestürzter
Baum gewesen sein, den der erste Nilbefahrer verwendete, sondern ein Büschel
aus Papyrus.
Die Schiffsform, die sich zwangsläufig bei der Verwendung von Papyrus
entwickelte, übertrug sich dann auch auf die ersten Holzgefährte: Bug und
Heck waren weit emporgezogen. Auch kannte man weder Kiel noch Spanten.
Das Holz aus Syrien und Palästina war teuer, also wurden auch die
einheimischen Hölzer der Akazie und der Sykomore verwendet. Sie waren so unförmig,
daß man daraus nur zwei Ellen lange Teile anfertigen konnte, die in der
Bordwand wie Ziegel aufeinander lagen.(1) Sie wurden mir Werg aus Papyrus
abgedichtet.
Während des ersten ägyptischen Jahrtausends gab es so gut wie keine Kontakte
nach außerhalb des Landes. Die Schiffahrt beschränkte sich auf den Nil. Erst
als man im 2. Jahrtausend zu expandieren begann, wurden Seeschiffe nötig.
Doch auch in diesen Zeiten wagte man sich nicht gern auf das offene Meer
hinaus. Holz blieb selten und kostbar, daß seine Beschaffung sich sogar zum
Inhalt von Märchen entwickelte.(2)
Um diese Boote in ihrer Seetüchtigkeit zu steigern und für das offene Meer
geeigneter zu bauen, kürzte man mit der Zeit die Überhänge an Bug und Heck
und verminderte die Krümmung des Rumpfes. Ferner wurde die Bordwand mit einem
Taugürtel aus zwei Trossen umwunden, um ihr mehr Halt zu geben. Wurden die
Taue feucht, so zogen sie sich zusammen und festigten so auch den Rumpf.
Statt der auf dem Fluß verwendeten Paddel benutze man auf dem Meer Riemen.
Das hatte zur Folge, daß die Ruderer nicht mehr in Fahrtrichtung blickten.
Diese blieben aber wegen des hohen Freibordes - der über dem Wasserspiegel
liegenden Bordwand - weiterhin stehen.
Während des Neuen Reiches(3) löste die Einführung von Decksbalken die Taugürtel
ab. Diese blieben allerdings als aufgemalte Muster oder als Ornamente
erhalten.(4) Ein fester Pfahlmast trat an die Stelle des umlegbaren
Doppelmastes.
All diese Veränderungen brauchten im stets konservativen Ägypten jedoch oft
Jahrhunderte oder gar Jahrtausende, um sich durchzusetzen. Während dieser
Phasen existierten dann neue und alte Technik nebenher.
Phoinikier
- Handel statt Händel
Um
-1500 begannen die Phoinikier unabhängig von Ägypten mit einem eigenen
Schiffbau. Sie breiteten sich vorwiegend friedlich am Rande des Mittelmeeres
aus, unterwarfen lediglich Kypros und gründeten Küstenstützpunkte in
Nordafrika und Iberien.
Sie gewannen so viel Erfahrung zur See, daß Assyrer und Perser sie als
Zimmerleute und Schiffskonstrukteure einsetzten und auch ihre Schiffe in ihre
eigenen Flotten einreihten. Sie bildeten das Herz der Flotte des Xerxes und
auch der Admiral Ptolemaios' II. Philadelphos war Phoinikier.(5)
In Anlehnung an die Zinnen ihrer Festungen hängten sie auch an ihren Schiffswänden
Schilde auf. Ansonsten entwickelten sie wenig Neuerungen in der Kriegstechnik.
Hellas
- Land der Inseln
Um
-2000 waren die Kreter die führende Seemacht des Mittelmeeres. Das mag an dem
Rammsporn gelegen haben, mit dem ihre nicht nur ihre Kriegs-, sondern auch
ihre Handelsschiffe ausgestattet waren. So werden es die Kreter gewesen sein,
die als erste die Kriegstechnik des Rammens angewendet haben.
Homer kannte den Rammsporn wohl nicht mehr, da er nur das rückwärtige
Anlanden der achaischen Schiffe erwähnte, ohne daß er den Grund dafür zu
wissen schien.
Dennoch übernahmen die Hellenen ebenso den Schiffbau von den Kretern, wie die
nach den Sternen gerichtete Navigation. Viele Begriffe, die nur von den
Kretern als nicht-indogermanischem und nicht-semitischem Volk stammen können,
weisen darauf hin.
Der Rammsporn trat bald wieder in Erinnerung und sollte eine der bedeutendsten
Kriegstaktiken des gesamten Altertums begründen. Immer ging es darum, den
Gegner mit dem Sporn in den Rumpf zu bohren und ihm im Idealfall denselben
regelrecht aufzureißen. Außerdem konnte man dabei die Ruder der Feinde
knicken und so deren Boote unbeweglich und wehrlos werden lassen.
Diese Taktik führte zu einer ganzen Reihe von Neuerungen. Um möglichst hohe
Geschwindigkeiten für den Rammstoß zu erreichen, wurden die Kriegsschiffe
immer länger, um mehr Rudergänger unterbringen zu können. Gleichzeitig
verringerte sich die Zahl der Schwerbewaffneten an Bord. Bei der Länge gab es
jedoch eine Grenze, über die hinaus das Boot zu instabil wurde. So waren die
Schiffe selten viel länger als 35 Meter mit gewöhnlich 50 Rojern auf jeder
Seite. Das blieb während des gesamten Altertums so und auch bis ins
Mittelalter.
Um dennoch die Zahl der Ruderer weiter zu erhöhen, begann man schon in
Geometrischer Zeit, Zweireiher (Dieren) zu konstruieren, doch führte der Weg
zunächst in eine Sackgasse. Erst später fand man - vermutlich in Phoinikien
- Wege, die Rojer sinnvoll im Schiffsrumf unterzubringen.
Zum Schutze der Ruderer wurde die Bordwand um einen Plankengang erhöht. Die
untere Rojerreihe nannte man die Zygiten nach dem Wort für Ruderbank. Die
neue, höher und zum Heck hin versetzt sitzende Reihe nannte man Thraniten
nach den speziellen Schemeln, auf denen sie saßen.
Der
Schritt von der Diere zum Dreireiher Triere war zwar naheliegend, benötigte
jedoch wieder komplizierte Überlegungen, wo die dritte Ruderreihe
untergebracht werden sollte. Auch verschärfte dies das Problem mit dem ungünstigen
Verhältnis der Ruderlänge innerhalb und außerhalb der Bordwand. Es wird
sicher auf unterschiedliche Weise gelöst worden sein. Mal setzte man die
oberste Reihe weiter nach innen, meist aber verlegte man wohl das Auflager für
die Ruder auf einen Ausbau oder die Verlängerung der zweiten Ruderbänke nach
außen. Nach Thukydides I,13 sollen die Korinther als erste Trieren gebaut
haben.
Die Thraniten ganz oben waren in jedem Fall Freie, die notfalls auch aktiv in
den Nahkampf eingriffen. Darunter saßen die Zygiten und zuunterst die
Thalamiten, benannt nach ihrem extra abgetrennten Raum. Letztere liefen natürlich
am stärksten Gefahr, das sinkende Schiff nicht mehr verlassen zu können,
oder schon beim Rammstoß zu Schaden zu kommen.
Zum Schutz vor den Stößen verstärkte man die Bordwand mit Bohlen wie mit
einem Gürtel. Aber auch die von den Ägyptern verwendeten Taugürtel kamen
vor.
Die in ihrer Form stark variierenden Rojepforten wurden oft mit
Ledermanschetten umkleidet. Das Ruder blieb beweglich, aber das Loch wurde so
gegen Wasser und Pfeile abgesichert.
Zum Schutze der Rojer, die ja so wichtig für die Beweglichkeit eines
Kriegsschiffes waren, verhängte man das Sturmdeck mit Decken, die Sonne,
Regen oder Geschosse abhalten sollten. Dabei richtete sich das Material nach
dem jeweiligen Zweck.
Um die Rojer für den Waffengang frisch zu halten, wurden die Schiffe über größere
Entfernungen gesegelt. Vor einer Schlacht plazierte man Mast und Segel nach Möglichkeit
an Land. Aufgerichtet durften sie auf keinen Fall bleiben, da sie die Fahrt
gebremst und die Kämpfer behindert hätten. Nicht selten jedoch geschah es,
daß das Segelwerk vom Feinde gestohlen wurde.
Eine gut ausgebildete Mannschaft war sehr wichtig. Deshalb baute man oft
Gestelle an Land, auf denen die Rojer üben konnten. Um die Mannschaft beim
Angriff im Rhythmus zu halten, gab es einen Flötisten, den Trieraules, der
unentwegt eine scharfrhythmische Melodie spielte. Oder die Rojer hielten sich
selbst mit dem Ruf "Rüppapai" im Takt.
Im Angriff konnte eine Triere eine Geschwindigkeit von 9 Kilometern in der
Stunde erreichen.
Später wurden weitere Ruderreihen hinzugefügt, doch verloren die Schiffe ab
vier Reihen mehr und mehr an Wendigkeit. Sie eigneten sich eher zum Transport
von Truppen oder Kampfmaschinen wie Katapulten. Ein Ptolemaier soll einen
Vierzigreiher für 4000 Rojer besessen haben, doch diente dieser wohl eher als
Prestigeobjekt denn als Waffe.
Zur Ausstattung der Trieren und der anderen Kampfschiffe zählten: Leitern zum
Ein- und Aussteigen, Bootshaken, Wasserschöpfgeräte, Lot, Rettungsringe aus
Kork, je zwei Rahen und Segel für verschiedenes Wetter, sowie ein Anker, der
anfangs nur ein großer Stein war, bevor er die vertraute Form erlangte.
Der Pharos von Alexandreia, der Leuchtturm, der seit je her zu den Weltwundern
gezählt wurde, stammt übrigens auch aus hellenistischer Zeit. Zwischen -299
und -280 wurde er unter dem Baumeister Sostratos von Knidos errichtet. Mit
Hilfe der eingebauten Vergrößerungsspiegel konnte man von ihm aus 20
Seemeilen überblicken. Eine wichtige Einrichtung zur Verteidigung des
Ptolemaierreiches.
Erst unter Themistokles wurde auch Athen Seemacht. Als die Perser nämlich näherrückten,
bat man das Orakel von Delphi um Rat. Die erste Weissagung fiel katastrophal
aus und die Gesandten wollten nicht ohne eine zweite wieder gehen. In jener
zweiten hieß es:
"...schenkt der wütende Zeus der Tochter die hölzerne Mauer; sie allein
wird bestehen, zum Nutzen für dich und die Kinder."(6)
Themistokles deutete die hölzerne Mauer nicht als die Mauer der Akropolis,
wie viele andere, sondern als die Wände eines Schiffes. So erreichte er, daß
die attische Flotte ausgebaut wurde. Aber auch schon zuvor scheint er genügend
Vorwände für einen Flottenausbau gefunden zu haben:
"Damals bestimmte Themistokles die Athener, diese Verteilung einzustellen
und mit diesen Mitteln zweihundert Schiffe für den Krieg zu bauen, womit er
den gegen Aigina meinte. Der Ausbruch dieses Krieges nämlich hat damals
Hellas gerettet dadurch, daß er die Athener zwang, eine Seemacht zu werden.
Die Schiffe aber wurden dazu, wozu sie gebaut wurden, nicht gebraucht, dafür
standen sie in der Stunde der Not Hellas zur Verfügung."(7)
In 3 Jahren wurden daraufhin 180 Trieren `in Serie' gebaut - ohne Kampfdeck,
mit je nur 14 Schwerbewaffneten und 4 Bogenschützen. Die Einheitlichkeit der
Schiffe und die gute Ausbildung der Mannschaften bedeutete einen großen
Trumpf.
In dem engen Sund bei Salamis, den Themistokles -480 für die
Entscheidungsschlacht gegen die Perser wählte, konnten die trägen
Perserschiffe nicht gut manövrieren und behinderten sich gegenseitig. Die
karische Königin Artemisia war die einzige Kapitänin, die es wagte, den Großkönig
auf die Gefahr aufmerksam zu machen. Wie wir wissen, fand sie kein Gehör.
Für lange Unternehmen zeigten sich die Trieren jedoch als nicht geeignet.
Eine attische Expedition gegen Syrakus scheiterte. Die nicht gekupferten Bordwände
bewuchsen mit Muscheln und senkten so die Geschwindigkeit der Schiffe. Die
Mannschaft verwilderte zunehmend. Die Einheiten gingen durch unruhige See und
kleine Metzeleien im Hafen von Syrakus, wo sie ihre Rammtaktik nicht anwenden
konnten, nach und nach verloren. Nach zwei Jahren war die Flotte restlos
aufgerieben. Kein einziger Athener kehrte in die Heimat zurück.
Dennoch sind die Schiffe der Hauptgrund für die Vormachtstellung Athens.
Lakedaimon(8) blieb immer Landmacht und beschränkte seinen Einfluß
weitgehend auf die Pelopponnes.
Rom
- Landkriege auf hoher See
Von
den Römern gibt es wenig technische Neuerungen zu berichten. Auch sie sind während
der gesamten Antike den Meeren gegenüber mißtrauisch eingestellt gewesen.
Ihre ersten Kriegsschiffe sollen gestrandete Karthagerschiffe zum Vorbild
gehabt haben. Und die Karthager waren es auch, die Rom zum Einsatz auf See
reizten. Dennoch versuchten die Römer dem Seekrieg auszuweichen, was zu der
interessantesten römischen Innovation auf den Meeren führen sollte:
Auf
der Back wurde ein 8 Meter hoher Pfahl errichtet, an dem eine schwenkbare, 12
Meter lange Enterbrücke hing. Kam man nahe genug an das gegnerische Schiff
heran, ließ man die Brücke auf dessen Deck stürzen. Der eiserne Sporn am
Ende der Brücke bohrte sich tief in das Deck und hielt es so fest. Die römischen
Landtruppen konnten hinüberstürmen. Nach der Form des Enterhakens benannte
man die gesamte Konstruktion den Corvus (Rabe).
Außerdem setzten die Römer Großkampfschiffe ein, die rammsichere Bordwände
hatten und wegen ihrer Höhe kaum zu entern waren. Sie boten genügend Platz
um viele Krieger, Schleudermaschinen und Kampftürme zu transportieren. So
gelang es den Römern, auch auf der See Kriege zu führen, als seien sie noch
an Land.
Römische
Entdeckungsreisen
Genau
betrachtet entspricht der Titel dieser Arbeit nicht ganz der historischen
Realität. Wenngleich die Römer im Zuge ihrer Eroberungen in
Einzelexpeditionen bis in die Ostsee, bis südlich der Sahara und gar bis nach
China vordrangen, so war es doch nie in erster Linie der Entdeckungsgeist, der
sie dazu veranlaßte. Zumeist handelte es sich um militärisch motivierte
Erkundungen, seltener auch um solche aufgrund von Handelsabsichten oder
einfach um eine Irrfahrt.
Die Römer glänzten als Krieger, Staatsmänner und Juristen; die Wissenschaft
überließen sie anderen.
Bereits Polybios klagte über die geographische Unwissenheit der Römer.(1) Er
unternahm für seine Historien - eine römische Geschichte in 40 Büchern -
ausgedehnte Reisen nach Spanien, Gallien, in die Alpen, nach Pontos, Syrien
und Ägypten. Aber er war ja auch Grieche.
Die Motive ungeachtet leistete manch ein römischer Feldherr Großes für die
Geographie. Von jenen und anderen weitgereisten Römern soll hier in Auszügen
berichtet werden.
Nicht
genug damit, daß Gaius Iulius Caesar mit Gallien
ein kaum bekanntes Land eroberte und gar einen kurzen, wenn auch anscheinend
mißglückten Vorstoß über den Rhein unternahm. Die ständigen Hilfstruppen,
die aus Britannien die gallischen Bruderstämme unterstützten, veranlaßten
ihn, auch dort die römische Militärmacht zu präsentieren.(2) Ob er darüber
hinaus auf eine Eroberung der Insel spekulierte, ist nicht belegt.
Im Vorfeld wurden Händler befragt, die jedoch nur spärliche Auskünfte über
Britannien erbrachten. Caesar glaubte ihnen, wie er sagt, daß sie nichts über
Ausmaße und Völkerschaften der Insel wüßten.(3) Doch bestanden die
Handelsbeziehungen schon zu lange, als daß diese Behauptung der Handelsleute
realistisch erscheint. Vermutlich wollten sie lediglich ihre Beziehungen nicht
verraten und nicht auf ihre alleinige Kenntnis, die ihnen so viel Gewinn
erwirtschaftete, verzichten.
So schickte Caesar den Offizier Gaius Volusenus mit einem einzigen
Kriegsschiff voraus, die Lage zu erkunden. Caesar selbst sammelte seine
Truppen und Schiffe dort, wo er die Überfahrt am kürzesten vermutete.
Nachdem sich bereits britische Stämme freiwillig unterworfen hatten, setzte
wurde bei günstigem Wetter mit wohl deutlich über 100 Schiffen ohne
Zwischenfälle nach Britannien übergesetzt. Dies geschah im August -55.
Es folgte ein kurzer erfolgreicher Kriegszug. Vier Tage später wurden 18
Schiffe mit Reitern erwartet. Diese jedoch gerieten in einen Sturm, daß 12
besonders beschädigte Schiffe später ausgeschlachtet werden mußten, um
Material für die Reparatur der anderen zu bekommen. Auch später wurde die
Flotte durch widrige Winde und Strömungen bei ihrer Rückkehr nach Gallien im
September -55 behindert, ohne jedoch ernsten Schaden zu nehmen.
Im Folgenden beschreibt Caesar kurz die Insel und ihre Bewohner.(4) Dabei muß
berücksichtigt werden, daß sein Zug nur bis zur Themse gelangte. Alle
Angaben die jenseitiges Gebiet betreffen, bekam Caesar nur durch Hörensagen.
Unter dem Vorwand, es habe zu wenig Geiseln gegeben, unternahm Caesar einen
zweiten Kriegszug nach Britannien im Sommer -54. Mögen beide Expeditionen
auch nicht ungewöhnlich erfolgreich gewesen sein, so war doch Caesars
Reiseleistung für damalige Verhältnisse enorm. Seit der in der Antike oft
als unwahr abgetanen Fahrt des Pytheas zu den Zinninseln Britannien 300 Jahre
zuvor hatte es keinen Bewohner der Mittelmeerwelt hierhin verschlagen.
Erkundungsfahrten
für den Germanenkrieg
Drusus,
jüngerer Bruder des späteren Kaisers Tiberius, rückte in den Jahren -12 bis
-9 über die Weser bis an die Elbe vor. Er legte die ersten Kastelle im freien
Germanien an und wagte sich als erster Römer in die Nordsee. Zumeist hielt er
sich jedoch mit seiner Flotte dicht an der germanischen Küste. In Unkenntnis
der Gegend blieben einmal während der Ebbe die Schiffe im Watt liegen und
konnten nur mit Hilfe befreundeter Friesen wieder befreit werden.(5)
Sein Bruder Tiberius Claudius Nero war im Jahre 5 u.Z. Oberbefehlshaber im
Germanenkrieg. Während er selbst an der Elbe operierte, ließ er vermutlich
im Hochsommer eine Flotte die Ausdehnung der Germanen im Norden erkunden. Die
Expedition startete "an der Rheinmündung".(6) Man glaubte, "ad
solis orientis regionem" - in östlicher Richtung also - zu fahren,(7) in
Wirklichkeit wird es eine nordöstliche gewesen sein. Die Flotte gelangte zum
Kimbern-Kap(8), querte das Skagerrak und landete schließlich an der Küste
von Götaland oder Telemarken, wo sie ein überfeuchtes Land ohne militärischen
oder wirtschaflichen Nutzen vorfanden.(9) Deshalb kehrte man um und stieß über
die Elbmündung zu Tiberius.
Hin- und Rückfahrt erfolgten ohne große Zwischenfälle, was dem besonders
guten Wetter zu verdanken war. Aber auch auf dieser Fahrt saßen die Schiffe
mehrmals bei Ebbe auf dem trockenen.
Hatte bereits im Jahre 9 die berühmte Varusschlacht im Teutoburger Wald den Römern
einen schweren Schlag gegen das selbstbewußte Auftreten in Germanien
versetzt, so sollte ein anderes Ereignis die römischen Interessen hier endgültig
auf längere Zeit hinaus lähmen.
Des Tiberius Sohn Drusus Germanicus fuhr mit einer Flotte die germanische Küste
entlang, als man in ein schweres Unwetter geriet. Die Flotte wurde weit
verstreut. Man mußte Ballast abwerfen, um nicht zu sinken. Alles wurde über
Bord geworfen, schließlich selbst die mitgeführten Pferde. Einige Schiffe
sollen auf dem Meer an Säulen des Herakles vorbeigeschwemmt worden sein.
Vermutlich wurde hier Helgoland gesichtet, da es dort die einzigen steilen
Klippen in dieser Gegend gibt und der Hauptinsel ein weißer Nebenfelsen
vorgelagert stand. Das Gipsgestein wurde von den neuzeitlichen Inselbewohnern
abgetragen und verkauft, bis den kläglichen Rest 1711 eine Sturmflut fortspülte.(10)
Der Geschichtsschreiber Tacitus beschreibt in seinen Annalen den Vorfall:(11)
"Wie sich der Ocean durch Wildheit und Germanien durch unfreundliches
Klima vor anderen Ländern auszeichnet, so übertraf jenes Unglück durch
Neuartigkeit und Umfang jede Vorstellung." Das dürfte sicher als übertrieben
zu betrachten sein, doch zeigt es deutlich die Sicht der Römer auf, die nie
gerne zur See fuhren und das ruhigere Mittelmeer gewohnt waren.
Durch Glück wurde des Drusus Schiff an die gallische Küste verschlagen, von
wo aus er nach Abzug des Sturmes nach den vermißten Schiffen und Besatzungen
suchen ließ. Einige hatte es bis nach Britannien getrieben, andere mußten
von den befreundeten germanischen Ampsivariern anderen Stämmen aus dem
Binnenland abgekauft werden.
Die Beschreibungen der Legionäre strotze von furchtbaren Meeresungeheuern.
Einige hatten bis zu ihrer Rettung von angeschwemmten Pferdekadavern leben müssen.
Es war ein ebenso traumatisches Ereignis wie die Teutoburger Schlacht. Man zog
sich wieder hinter den Rhein zurück.
"Fahrt
bis Thule!"
Noch
während Gnaeus Iulius Agricola, der Schwiegervater des Tacitus, Statthalter
in Britannien war, wurde eifrig diskutiert, ob es sich dabei denn wirklich um
eine Insel handele. Dies nämlich ging aus dem schon erwähnten Reisebericht
des Pytheas von Massilia hervor. Es waren also abermals in erster Linie militärische
Zwecke, die Agricola erzielte, als er 84 eine Expedition aussandte, die
Wahrheit festzustellen, Britannien wenn möglich zu umfahren und nicht
umzukehren, bevor man nicht Thule erreicht habe. Letzteres war eine Insel aus
des Pytheas Bericht, von der bis heute nicht sicher ist, welchen Ort er
gemeint haben mag.
Die Flotte fuhr wie Pytheas die Ostküste Britanniens entlang nach Norden, bis
man deren Ende erreichte. Gemäß Agricolas Weisung stieß man weiter nördlich
an den Orkaden(12) vorbei, Thule zu finden. Tacitus, der uns diese Fahrt
schildert, spricht von einem unbeweglichen Meer, in das man gelangt sei.(13)
Ob die Expedition jedoch so weit gekommen ist, daß das Meer gefroren wäre,
oder was sonst damit gemeint sein könnte, bleibt fraglich. Tacitus mag Gerüchten
aufgesessen sein, die man über den Rand des Okeanos erzählte. Doch auch dies
scheint nicht endgültig einleuchtend bei einem so nüchternen Autor.
Jedenfalls bekamen die Römer bald genug von ihrer Aufgabe und erklärten, um
zurückkehren zu können, kurzerhand die nächstbeste in Sicht kommende Insel
für Thule, ohne dort auch nur anzulanden. Vielleicht berichteten die
Flottenkommandanten von unbeweglicher See, um ihre Leistung zu vergrößern
und die Behauptung, Thule entdeckt zu haben, zu untermauern.
Um die Umsegelung der Insel zu komplettieren, fuhr man auf westlicher Seite
Britanniens wieder südwärts.
In
der Antike hielt man es für unmöglich, die Quellen des Nils zu erreichen.
Dennoch wurde es immer wieder versucht.
So berichten Seneca und Plinius von zwei Centurionen, die sich im Jahre 60
unter Kaiser Nero auf die natürlich erfolglos gebliebene Suche machten.(14)
Vermutlich sollten sie das Land zur Vorbereitung eines Kriegszuges erkunden,
doch mag es dem Kaiser auch um die Erlangung des Ruhmes gegangen sein, das Unmögliche
möglich zu machen. Leider verraten uns weder Seneca noch Plinius die Namen
jener Centurionen. Immerhin stießen diese in Gegenden vor, die nach ihnen von
Europäern erst wieder 1841 betreten wurden.(15)
Ptolemaios berichtet übrigens quasi in Nebensätzen von einem Diogenes, der
als erster die Nilseen erreicht haben soll.(16) Von ihnen glaubt Ptolemaios,
sie seien die Quellen des Nils. Noch beiläufiger findet ein Dioskoros Erwähnung,
den es noch weiter südlich verschlagen habe.(17)
Ein großes Rätsel für die Alten war die Jährliche Nilschwemme. Es gab
viele Theorien darüber. Darauf, daß es so weit im Süden Schnee geben könne,
der schmelze, kam man zum Beispiel erst spät. Aber auch diese Erklärung
widerlegte bereits Seneca. Die Schwemme hätte dann nämlich schon viel früher
- im Frühling - geschehen müssen, nicht erst im August bis Oktober.
Eine der bemerkenswertesten, weil absurdesten Erklärungen ist uns durch
Plutarch von einem gewissen Ephorus überliefert:(18) Letzterer vermutete, die
Schwemme werde im Sommer durch die Schweißmassen, der Bewohner hervorgerufen,
die den Nil tränkten.
Die tatsächliche Erklärung dagegen erscheint enttäuschend banal: Es waren
ganz einfach die großen Sommerregen in Äthiopien, die den Blauen Nil füllten.
Noch
von vielen anderen Fahrten und Expeditionen ins Atlasgebirge, auf die Ostsee,
in den Sudan zum Tschadsee oder gar nach Ceylon hin wäre zu berichten, doch
soll im Folgenden nur noch auf die größte Reiseleistung, was die Entfernung
angeht, eingegangen werden: Den Weg nach China.
Schon lange interessierte man sich vor allem in Händlerkreisen für die
Herkunft der Seide. Doch die Seidenstraße - den Weg der Seide von China nach
Europa - zurückzuverfolgen, blieb den Römern unmöglich, solange das
Partherreich im Wege lag. Erst als die Parther unter Traian hinter den Tigris
zurückgedrängt wurden, konnten Händler des Römischen Reiches ihre Fühler
weiter nach Osten ausstrecken. So ist es nicht verwunderlich, wenn Ptolemaios
von einem makedonischen Seidenhändler jener Zeit berichtet.(19) Jener Maës
Titianus habe den Landweg zu den Quellen der Seide beschrieben. Auch wenn der
Kaufmann sicher nicht persönlich so weit gelangt ist, so reicht seine Kunde
doch bis zu einer Stadt, die Ptolemaios "sera metropolis" nennt.(20)
Ob dies jedoch die damalige chinesische Hauptstadt Honanfu, die vorherige
Singanfu oder Lantschou, den Hauptumschlagsort der Seide bezeichnet, ist
ungewiß. Auch einige andere Städte werden in der Forschung diskutiert.
Eine erste Kunde von römischen Bürgern in China erhalten wir von den
Chinesen selbst. In den Hou-han-schu, den Annalen der jüngeren Han-Dynastie,
berichtet uns der Schreiber Fan-yeh(21), der Herr des Landes Shan(22) habe dem
Kaiser An-ti Leute aus Ta-tsin "angeboten". Dieses Ta-tsin ist mit
dem Römischen Reich zu identifizieren. Vermutlich handelte es sich um
fahrende Leute, vielleicht Gaukler aus Syrien oder Alexandreia, die irgendwie
auf dem Landwege ins innere Birma gelangten. Offenbar wurden sie dort gefangen
genommen und 120 dem chinesischen Kaiser als Geschenk, möglicherweise auch
als eine Art Tributzahlung übergeben. Im nächsten Jahr boten sie dem Kaiser
selbst ihre Künste dar. Berichtet wird unter anderem von Feuerspeien und
allerlei Zauberkunststücken.
Im Jahre 166 soll nach den Hou-han-schu eine offizielle Gesandtschaft aus
Ta-tsin nach China gelangt sein, ausgeschickt vom König Antun.(23) Hier wird
man den Namen Antoninus vermuten dürfen, den Kaiser Marcus Aurelius als
Beinamen führte.
Der Schreiber gibt den Bericht dieser Gesandtschaft über Rom etwa so wieder:
Es sei sehr ausgedehnt, habe viele Städte und eine große Zahl unterworfener
Länder. Die Mauern der Stadt bestünden aus Stein. Es gebe Wirtshäuser an
den Straßen. Rom selbst habe 100 Li(24) Umfang. Dann folgt eine Erwähnung
der Trommler, Fahnen und Zelte, die im Kriege verwendet werden. Schließlich
ist vom Reichtum des Landes die Rede. All dies sollte sicher die Macht Roms
darstellen und somit den Wert der Gesandtschaft hervorheben.
Befremdlicher für die Chinesen mag der Bericht gewesen sein, die Könige Roms
würden gewählt. Hier mag ein Mißverständnis zugrunde liegen, da vermutlich
die Consuln gemeint waren. Eine Anspielung auf die Adoptivkaiser mutet weniger
wahrscheinlich an.
Auch andere Merkmale sind dem Schreiber berichtenswert: Die Römer scherten
sich die Haare, was sie von barbarischen Völkern absetzte. Sie trügen schöne
Kleider, seien ehrlich und benützten keine zwei Preise.
Da zu dieser Zeit die Pest in An-hsi, dem Partherreich wütete, hatte man
China wohl über den Seeweg erreicht. Vom Zeitpunkt der Gesandtschaft an habe
direkter Verkehr mit dem Lande Ta-tsin bestanden.
Eine kleine Wende nimmt der Bericht über die Gesandtschaft, als die
mitgebrachten Geschenke aufgeführt werden: Elfenbein, Rhinozeroshorn und
Schildpatt(25). Es wird bemängelt, daß keine Edelsteine unter den Geschenken
seien. So vermutet der Schreiber, diese seien von den Gesandten unterschlagen
worden.
In der Tat scheinen die Gastgeschenke dürftig für einen Römischen Kaiser,
zumal von der Macht eines Marcus Aurelius Antonius. Die Erklärung hierfür
ist jedoch wohl eine gänzlich andere, als die von den Chinesen gemutmaßte.
Da von römischer Seite her nicht die leiseste Erwähnung dieser Unternehmung
überliefert ist, kann man annehmen, daß Marcus Aurelius auch nichts davon
wußte.
Hennig vermutet einen Schwindel syrischer Kaufleute, die sich als
hochherrschaftliche Delegation ausgaben, um ihre Chancen auf gewinnbringenden
Handel zu vergrößern.(26) Die Geschenke, die sie überbrachten, sind
durchweg asiatischer Herkunft, vermutlich also erst kurzfristig eingekauft
worden. Daß der Schwindel dennoch zum gewünschten Erfolg führte, beweist
die Anmerkung über den folgenden direkten Verkehr. Auch gibt es zahlreiche
Funde römischer Münzen in China.(27)
Dennoch kann abschließend auch noch kurz auf eine wirkliche Gesandtschaft
Roms nach China verwiesen werden. Sie gelangte 284 an ihr Ziel und war
vermutlich von Kaiser Probus beauftragt worden.
Reisegeschwindigkeiten
im Mittelalter
Reisender |
km/h |
km/T
|
Wanderer |
4-6 |
25-40
|
Läufer |
10-12 |
50-60
|
Pferd
im Galopp |
20-25
|
|
Durchschnittsreisende
ohne Eile mit Gefolge und Gepäck |
|
30-45
|
Reiter,
die es eilig haben |
|
50-70
|
Berittene
Kuriere mit Pferdewechsel |
|
50-80
|
Pferdestaffetten
im Mongolenreich, 13. Jh. |
|
375
|
Staffettenläufer
in Indien, 14. Jh. |
|
300
|
Päpstliche
Eilboten in der Ebene, 14. Jh. |
|
100
|
Selbige
im Gebirge |
|
50
|
Eilboten
in Frankreich + Spanien, 14. Jh. |
|
150-200
|
Staffettenläufer
im Inkareich |
10 |
240
|
Berittene
spanische Post in Südamerika, 16. Jh. |
|
45
|
Flußschiffe
talwärts auf Rhein oder Po |
|
100-150
|
Galeere
(nur Ruder), erste Stunde |
8
|
|
danach |
2,7-4,2
|
|
unter
Segel |
11 |